Vorschlag Dr. Vera Delnon: Staatsklage der Schweiz beim IGH

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Deutschland gab im Jahr 2008 öffentlich bekannt, es habe für den Erwerb von deliktisch erlangten Steuerdaten aus Liechtenstein 4.2 Mio Euro bezahlt. Diese Daten verwendeten deutsche Behördenvertreter in der Folge – mit Medienbegleitung beim Zugriff – in Verfahren gegen ihre eigenen Bürger (z.B. gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post). Fast zeitgleich riefen deutsche Regierungsvertreter öffentlich zum Kampf gegen „Steueroasen“ auf und luden ausländische Geheimnisträger ein, mehr Bankdaten über potentielle deutsche Steuerhinterzieher zu melden, es bestehe ein „massives Interesse“. RA Dr. Delnon warnte damals vor einer Anfütterung von Kriminellen und vor illegalen Übergriffen durch ausländische Behördenmitglieder. Sie verfolgte die potentiell gefährliche Entwicklung vor dem Hintergrund des Völkerrechts und des schweizerischen Strafrechts. Prompt verkündeten deutsche Medien Ende Januar 2010, deutsche Behörden würde den „Ankauf“ einer CD mit deliktisch erlangten Bankdaten von schweizerischen Bankkunden für 2.5 Mio Euro „prüfen“.

Delnon wandte sich anfangs Februar 2010 umgehend an die schweizerischen Behörden, weil zwischen den Staaten Völkerrecht gilt und für Faustrecht kein Platz ist. Sie schlug vor, die unrechtmässig erlangten Bankdaten mittels einer – seltenen – Staatsklage der Schweiz beim Internationalen Gerichtshof IGH als Wiedergutmachung für den Bruch von Völkerrecht bzw. Staatsverträgen durch deutsche Behörden- und Regierungsvertreter zurückzuverlangen. Die rechtswidrige Beschaffung von geheimnisgeschützten Informationen ausserhalb von staatsvertraglich vereinbarten Abläufen verletzten nach Ansicht von Delnon mutmasslich das Strafrechtsübereinkommen über Korruption, das Doppelbesteuerungsabkommen, das Europäische Rechtshilfeübereinkommen, ferner auch im Ausland strafbare Spionagedelikte des schweizerischen Strafgesetzbuchs, aber vor allem den Geist, Zweck und Wortlaut der UNO-Charta und der UNO-Menschenrechtspakte I und II. Letztere wurden nach den bitteren Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs geschaffen, um die Sicherung des Friedens vor grundrechtsverletzenden Trägern der Staatsgewalt zu gewährleisten. Dieses wichtigste Gedankengut darf nicht Spielball kurzfristiger politischer Interessen werden.